Ziemlicher Frust scheint die Gemüter zu bewegen...

    Marktbrunnen in Jüchen.....wegen etlicher Brunnen in der Gemeinde. Kaum ist das Brunnen-Thema Jüchener Markt in der Bauausschußsitzung "versiegt", hört man vom "letzten Geplätscher" des Brunnens in Bedburdyck. Läßt sich dort die allgemeine Unzufriedenheit vornehmlich an der von einigen für unglücklich gehaltenen Gestaltung sowie technischer Mängel festmachen, führen hier Vandalismus, technische Fehler, Verunreinigungen und wiederholt aufwendige Reparaturen zu Ungemach.

    Zumindest für den Jüchener Marktbrunnen bringt es Wilhelm Falkenberg (FDP) knapp und kernig auf den Punkt: "Abreißen, volksnah wieder aufbauen und die Bürger beteiligen.......der kommt so überhaupt nicht an". Getragene - staatsmännisch versierte - Zustimmung der CDU: "Die Bürger im Ort werden es mit Freude sehen, wenn hier Bemühungen erfolgen, etwas zu ändern. Der Brunnen soll auf keinen Fall repariert werden. In Abstimmung mit den Institutionen der örtlichen Meinungsbildung - etwa dem Bürgerschützenverein - sollte man das Gespräch mit den Bürgern  suchen."

    Fast allein auf weiter Flur verteidigt Bauamtsleiter Jennes zaghaft den Brunnen als "zu dem modern gestalteten Marktplatz passend und am Anfang auch gut funktionierend", der jedoch später abgestellt werden mußte wegen gravierender technischer Defekte und - wohl auch - wegen vernachlässigter Wartung.

    Nun vermuten wir - wie vom Bauausschuß gewünscht - ein vehementes Einsetzen stürmischer Meinungsbildung und  Bürgerplanung, an der sich nicht zuletzt auch HALLO-JÜCHEN beteiligen will, in der euphorischen Annahme, den von CDU-Mitglied Kreutz gemeinten "Institutionen der örtlichen Meinungsbildung" - wenn auch nicht dem Bürgerschützenverein - zugerechnet zu werden.

    Unsere grundsätzlichen Fragen beziehen sich auf den Standort eines Brunnens und dessen Ambiente.

    Vor gar nicht all zu langer Zeit waren Brunnen noch in Stein gefaßte Löcher, aus denen - mit regional unterschiedlichen  Techniken und mit mehr oder minder großer Mühe - frisches, trinkbares Wasser ans Tageslicht gefördert wurde: Ein Quell des Lebens für Mensch und Tier. Kriege wurden um Wasser geführt und Schlachten um Brunnen geschlagen. Etwaige Gefährdungen der Wasserqualität - z.B. Brunnenvergiftungen - wurden mit drakonischen Strafen geahndet. Großer Respekt vor dem hohen Gut quellfrischen Wassers - auch oft besungen - führte zu einer ausgeprägten künstlerischen  Gestaltung und Verzierung solcher Brunnenanlagen, um ihren Wert für alle sichtbar darzustellen. Je intensiver ein Ort prosperierte, um so aufwendiger fiel die Gestaltung der Brunnen aus.

    Anfänglich zur Befriedigung von Notwendigkeiten wurde der Bereich um die Brunnen zunehmend zum Kommunikations- und Verweilzentrum, zur Klatsch- und Tratschbörse, zum Ort für Übermittlung von Informationen und Nachrichten und es fand eine ausgeprägte Identifikation der Bürger mit ihrem Brunnen statt. Nicht selten - so weiß die Literatur zu berichten - wurden an Brunnen Ehen gestiftet. Bald bildeten sich um diese Zentren herum fliegende Handelsplätze, Verkaufsstände, Märkte, einzelne Häuser, ganze Ortschaften mit vollständiger Infrastruktur: Es wuchs urbaner Raum.

    Wachsender Wohlstand, fortschreitende Anforderungen an Hygiene und technischer Fortschritt bei der Verteilung von  Wasser sowie dessen Kommerzialisierung reduzierten die Brunnenanlagen im wesentlichen auf gestalterische, ästhetische und kommunikative Funktionen. Die Anlagen selbst blieben zur Zierde eines Ortszentrums erhalten und wurden respektvoll gepflegt und oftmals für Ausnahmesituationen oder Notfälle funktionstüchtig gehalten.

    In jüngster Zeit erkennt man in den innerörtlichen Brunnen und Wasserflächen wieder einen besonderen Nutzen: Sie sind willkommene Spender von Verdunstungskühle und tragen somit beträchtlich zur Verbesserung des Stadtklimas bei.

    Erkenntnisse aus dieser stark verkürzten Zeitrafferhistorie:

    Brunnen bedürfen zur wirksamen Wahrnehmung zum einen den (möglichst gewachsenen) urbanen Raum und zum anderen den zentralen Charakter, den genius loci.

    Marktbrunnen in JüchenEin Brunnen ist ausschließlich zur Möblierung eines Platzes oder Ortes denkbar ungeeignet und da aus städtebaulichen Gründen gefährdet, wo er nicht zentraler Punkt des Geschehens ist, wo er "abgestellt" wird, nur weil ein Brunnen "zum guten Image " eines Ortes gehört. Es bedarf der intensiven Planung des Standortes und einer ebenso subtilen Planung des Brunnens selbst. Die Möglichkeit zur Ingebrauchnahme durch die Bürger darf nicht aufgehoben werden sondern soll sich vom praktischen Nutzen auf seine ästhetische Wirksamkeit verlagern. 

    Auffallend gerade beim - übrigens progressiv, interessant und reizvoll gestalteten, leider aber ungepflegten - Jüchener Marktbrunnen ist der zu dem ihn umgebenden Geschehen völlig beziehungslose Standort. "Abgestellt" in einem indifferenten Bereich  hinter der Pavillonmöblierung, die zudem von ihm abgewendet aufgestellt ist, eingefaßt von einfallslos bepflanzten Betonkübeln, umgeben von nicht einladenden, beziehungslos herumstehenden und den Hintern und Rücken malträtierenden Sitzgelegenheiten, teilt er dicht neben der Bushaltestelle das Schicksal ihn umgebender Belanglosigkeiten und Zufälligkeiten. Wegen dieser spürbaren Lieblosigkeit ist die Ablehnung dieses Ortes durch die Betrachter und Nutzer vorprogrammiert.
    Warum eigentlich hat der Brunnen auf dem Markt - im Gegensatz zu vielen Brunnen in anderen Orten - keinen Namen oder gar “Spitz”namen? - Ein Zeichen für fehlende Identifikation.

    Es bedarf nun intensiver Planungs- und Gestaltungsarbeit, keiner "schnellen Lösungen". -
    Die Chancen stehen gut für die Revitalisierung dieses Ortes zu einem “einprägsamen Ort”. Und wenn es gelingt, den  Brunnen und sein Umfeld wieder ins Bewußtsein der Bürger zu rücken, wird die Akzeptanz des Ortes zu- und der Vandalismus abnehmen. Vandalismus vollständig zu unterbinden wird kaum möglich sein, aber ihn spürbar zu mindern, kann durch intelligente und sensible Umgestaltung gelingen.
    (PI-15-10-02)